Meine Bilder entstehen in einem leeren Studio in dem sich außer meiner Staffelei nichts befindet außer einiger Bilder die an den Wänden lehnen. Ich liebe dieses Gefühl, nur von meinen Bildern umgeben zu sein, um so, befreit von allen äußeren Einflüssen, zu malen.
Meine Bilder entsprechen meiner Art, und deshalb drücke ich mich in einer direkten Bildsprache aus, die kontrastreich, aber von einer großen Sehnsucht nach Einfachheit, Romantik und Schönheit geprägt ist. Auch weil ich weiß, dass die Welt alles andere als friedlich ist, kann ich nicht aufhören, etwas Friedliches mit meiner Kunst ausdrücken zu wollen. Und obwohl ich immer in großen Städten gelebt habe, spüre ich eine große Sehnsucht nach Natur. Nach einer Natur, die nicht unberührt sein muss, mit der der Mensch aber im Einklang stehen sollte. Meine Landschaftsbilder sind bewusst einfach: Ein Haus, einen Baum, einen Weg, einen See, ein Feld, das Meer, und der Himmel in all seiner Farbigkeit. Ich stelle mir Landschaften wie eine fröhlich-melancholische Liebe vor, wie eine Flucht aus dem Alltag. So versuche ich, Gefühle und Sehnsüchte auszudrücken, die unser hektisches Leben verschüttet hat. Ich nenne meine Landschaftsbilder deshalb „Bilder für die Seele“, weil ich hoffe, dass sie den Betrachter wie in einem schönen Traum mit auf die Reise nehmen sollen, weil sie protestieren sollen gegen Hässlichkeit und Gewalt. Meine Bilder stehen für ein großes altmodisches Verlangen nach einem Ort, der ruhig macht und wunschlos.
Wie male ich?
Ich sehe und beobachte von Natur aus sehr präzise, feinteilig und äußerst perspektivisch. Von dieser Voraussetzung ausgehend, löse ich das allzu Realistische auf, verzichte auf unwichtige Details, überhöhe einzelne Gegenstände, übertreibe und verändere Farben und verzerre Perspektiven. Ich suche nach harmonischer Darstellung, obwohl meine Bilder voller Gegensätze sind: Weiche verwaschene Flächen werden von klaren Linien und Konturen begrenzt, ergeben so gleichzeitig Ruhe und Bewegung. Hell und Dunkel und kontrastreich gesetzte Farben erhöhen die Spannung innerhalb des Bildes. Und obwohl ich nie „reine“ Farben benutze, sind meine Bilder trotzdem intensiv farbig. Die Wahl der Farben unterstützt den Inhalt. Ich versuche ein Leuchten aus dem Inneren des Bildes zu erreichen. Grundsätzlich male ich erst ein Bild fertig, bevor ich mit dem nächsten beginne. Ein Bild ist ein abgeschlossener Prozess für mich, und erst wenn ich zufrieden bin, kann ich mit etwas Neuem beginnen. Etwas Neues heißt für mich auch, von Zeit zu Zeit die Themen zu wechseln.
Was male ich?
Ich möchte die klassischen Begriffe von Landschafts- Stilleben- und Portraitmalerei mit neuem Inhalt und eigener Form wieder beleben. Neben meinen Landschaftsbildern entstehen Stilleben der verschiedensten Art. Sie kommen leicht und in schönen Farben daher. Ich nenne sie „Bilder für die Sinne“, denn sie stehen für Genuss und Lebensfreude.
Bilder von Menschen zu malen hat mich seit meiner Kindheit fasziniert. Schon als 14jahrige zeichnete ich „berühmte Köpfe“, aus Büchern ab und auch heute ist keine bekannte Persönlichkeit, die mich interessiert, vor mir sicher.
Ich suche regelrecht nach Menschen, die ich malen möchte. Und wenn mir welche begegnen, die mich interessieren, erschaffe ich meine eigenen Zusammenhänge, um sie auf einem Bild zu vereinen. Dabei wirble ich Ort, Zeit und Raum durcheinander und schaffe so eine neue unerwartete Harmonie.
Oft male ich Portraits im Auftrag, überwiegend von Kindern. Dabei versuche ich aus jedem Gesicht das Eigenwillige und Schöne herauszulesen, einfach und klar zu bleiben und so ein Dokument des Gegenwärtigen für die Zukunft zu schaffen.
Als Portraitmalerei im weitesten Sinn betrachte ich auch eine Serie Frauenfiguren in historischen Kostümen. Diese Serie stellt eine Zeitreise durch die Jahrhunderte da, gedacht als Bilderbogenfür den immer wieder erstaunlichen Wandel des Schönheitsideals.
Seit 2001 „male“ ich außerdem am PC, bearbeite Fotos, verfremde meine eigenen Bilder in wilder Manier und nenne das Ergebnis der vielen schnellen Clicks und Tricks meinen „Zeitgeist.“ Ich danke dem Internet außerdem für die vielen Möglichkeiten, Material, Vorlagen und Informationen für meine Arbeit zu finden.
Aber obwohl ich PC Und Internet als modernes Medium sehr zu schätzen weiß, erkenne ich umso mehr den Wert eines Originals. Handwerk ist im wahrsten Sinne des Wortes etwas Einmaliges, etwas, was langsam, mit viel Liebe und wenigen Hilfsmitteln entsteht.
Ich selbst empfinde meine Arbeit als Bollwerk gegen die Hässlichkeit der Welt und hoffe, dass meine Bilder die Sinne anregen, in die Seele wandern und dort bleiben wie ein guter Freund.
Bettina Hagen
P.S. Am 18.3.2001 beendete ich mein bisher größtes Bild (220 x 175) und benannte es nach dem Tag der Fertigstellung.
Dieses Bild entstand als Ausdruck meiner Sorge über einen immer unübersichtlicher werdenden Zustand der Welt und gleichzeitig als Erklärung für meine Sehnsucht nach Harmonie und Schönheit. Täglich spüre ich die Ohnmacht des Einzelnen, an der globalen Komplexität des Daseins nichts ändern zu können. Totale Vernetzung, Umweltverseuchung, Naturkatastrophen, ungebremster Bevölkerungszuwachs, globaler Handel, Informationsfluten, fanatische Fundamentalisten, Aufkündigung der alten Werte. Es kommt mir vor, als würden viele ungebremste Züge aufeinander zufahren. Mein Bild „ 18. 3.2001“ bedeutet für mich Aufzeigen und Befreiung vom Druck der Gedanken, die mich – und ich glaube nicht nur mich – beschäftigen. Meine dunklen Vorahnungen, die ich damals im Bild verarbeitet habe, sind durch die Ereignisse des 11. September 2001 in brutaler Weise Wirklichkeit geworden, und ich wünsche mir manchmal, ich hätte dieses Bild nie gemalt. Gleichzeitig fühle ich mich in meiner Absicht bestärkt, in diesen unsicheren, gewalttätigen Zeiten weiterhin Bilder voller Sanftmut und einer beinah „fröhlichen Melancholie“ zu malen.
Bettina Hagen